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... um die Hand Ihrer Tochter

Carl (1832-1884), Marie (1840-1877)
 

«... um die Hand Ihrer Tochter»

Häuser erzählen Geschichten. Besonders Altstadthäuser. Zum Beispiel der «Güggel» und der «Rote Bären» an der Brugger Hauptstrasse.

Es

An der Hauptstrasse 37 steht das Haus zum «Güggel». Schräg vis-à-vis, an der Hauptstrasse 48, das Haus zum «Roten Bären». Die beiden Gebäude sind auf Steinwurf-Distanz. Trotzdem wollte sich Carl nicht mündlich an den Nachbarn wenden. Am 20. Juni 1870 trat er im «Güggel» an seinen Sekretär, tauchte die Feder ins Tintenfass und schrieb in seiner gestochen schönen Schrift: «Verehrter Herr, Entschuldigen Sie gütigst, wenn ich mir erlaube, mich in folgender wichtigen Angelegenheit an Sie zu wenden: (...) Schon seit einiger Zeit benütze ich jede Gelegenheit, Ihrer Tochter, Fräulein Marie, meine stille Aufmerksamkeit zu schenken. (...) Ich gestehe Ihnen offen, dass ich zu der Überzeugung gelangt bin, keine für mich passendere Lebensgefährtin mir wählen zu können. Ich wage es deshalb, bei Ihnen um die Hand Ihrer Tochter anzufragen und verspreche Ihnen, wenn sowohl Sie wie Fräulein Marie meinem Gesuche nicht abgeneigt sein sollten, dass ich nach besten Kräften bestrebt sein werde, mich in jeder Beziehung würdig zu zeigen.»

«Eine freudige Erregung»

Im «Roten Bären» überliess der Vater diese schwerwiegende Entscheidung seiner Tochter, und diese antwortete Tags darauf: «Geehrter Herr (...) Ich kann nicht umhin, Ihnen zu gestehen, dass Ihr Brief auch eine freudige Erregung in mir erweckte, weil ich Sie von Herzen achte und ehre.» Doch dann erwähnte sie ihre Selbständigkeit und die Sorge um ihre betagten Eltern, deren Pflege ihr oblag. «Dies ist der Hauptgrund meiner Zweifel; der einzige, der es mir immer klarer als Pflicht erscheinen lässt, nein zu sagen. (...)»

Doch Carl insistierte. Er bot Marie an, ihre Eltern bei sich aufzunehmen, «auf dass Sie gar nicht von ihnen getrennt wären». Und er schloss einen langen Brief mit den Worten: «Indem ich Sie, verehrtes Fräulein nun bitte, dies einer geneigten Prüfung zu unterwerfen, und meine darin offen ausgesprochenen Gedanken und Gefühle so auszulegen, wie sie meinem Herzen entströmt sind, verbleibe, indem mir auch fernerhin Ihr geneigtes Wohlwollen zu bewahren bitte, mit vollkommener Achtung und Werthschätzung Ihr ergebener Carl.»

«Ich bin bereit»

Es gingen aber noch weitere Briefe von hüben nach drüben, bis Marie endlich am 4. Juli 1870 schrieb: «So will ich denn nicht länger zögern, Ihnen zu sagen, dass ich bereit bin, Ihrem Wunsche zu entsprechen. (...) Meines guten Willens dürfen Sie versichert sein. (...) Es diene Ihnen, dass ich von 9 Uhr an frei bin.»

Es wurde eine zwar kurze, aber sehr glückliche Ehe. Bereits sieben Jahre nach der Hochzeit starb Marie an Tuberkulose.

Übrigens: Der Hahn an der Hausfront des «Güggel» wurde vom Enkel von Carl und Marie gemalt!

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